Auf unserer Weiterfahrt in östliche Richtung geraten wir in das Gebiet südlich um Tartu, in dem die Rallye Estland stattfindet. An verschiedene Orten finden die Sprintprüfungen statt und zwischen den Prüfungen bewegen sich die Rallyeboliden durch den normalen Straßenverkehr (nach Verkehrsregeln) und die Zuschauer strömen hinterher (manch einer als Möchtegernprofi). An den Geländeabschnitten der wir dann der Randstreifen zugeparkt und es ist kaum ein Durchkommen – wir sind froh, dass wir ein kleines Wohnmobil haben, müssen nur hin und wieder beim Rangieren die Rückspiegel einklappen.
Unser eigentliches Tagesziel an einem kleinen See ist im Reiseführer gelobt, die Realität sieht leider anders aus. Also ziehen wir weiter zum Naturpark Suur Taevaskuva und stellen uns dort für zwei Nächte auf den schönen Campingplatz.
Am nächsten Tag unternehmen wir eine Wanderung in eine Schlucht, in der sich die Ahja durch steil aufragende rote Sandsteinfelsen windet. Die Pfifferlinge im Wald lassen wir nicht stehen und freuen uns über die zahlreichen Blaubeeren. Das Abendbrot ist gesichert, auch wenn wir auf dem Heimweg von einem Gewitter überrascht werden.
Weiter geht es Richtung Süden in die kleine Stadt Vöru, die 1784 auf Weisung von Katharine der Großen am Ufer des Tamulasees gegründet wurde. Viele zweistöckige Holzhäuser säumen die bereiten Straßen, die im rechten Winkel zueinander angelegt wurden. Man fühlt sich in die Zarenzeit zurückversetzt. Ganz im Gegenteil dazu die moderne Stadtmöblierung. Bushaltestelle, Bänke, Blumenschalen und Lampen haben sicher einen Preis für ihr ausgefallenes aber stimmiges Wagenraddesign verdient.
Vom gleichen Künstler stammt der Entwurf für den Aussichtsturm im Naturpark Rouge mit Storchennestern als Aussichtsplattformen. Sieben Seen prägen die hügelige Möränenlandschaft. Passend dazu bauen Studenten mit historischen Werkzeugen eine Wikingersiedlung. Ute bringt die Wikingerschaukel in Schwung, da hat die ganze Familie Spaß. Die letzte Familienschaukel in Leipzig gab es vor 50 Jahren im Agrapark (für die, die sich noch erinnern können).
Wir erklimmen noch den mit 318m den Eierberg, die höchste Erhebung Estlands.
Dann übernachten ruhig am Badeplatz des Vaskna-Moorsees und gehen beide(!) schwimmen. Ein paar Kilometer weiter am Kirikumäesee finden wir Unmengen Blaubeeren, die Pilze halten sich allerdings versteckt.
Am nächsten Tag besuchen wir die Region Setomaa – Land der Seto – die sich beidseitig der estnisch-russischen Grenze erstreckt. Wir bleiben natürlich in Estland, schauen uns das zugehörige Museum an. Die Seto sind bekannt für ihr Liedgut, es wird den ganzen Tag bei jeder Gelegenheit gesungen, oder auch lamentiert wie es hier heißt. Die Gesichter der Menschen sind ernst, das Leben war schwer. Und die Kirchen sind sehr klein und bescheiden. Wir sehen Fotos und Filmaufnahmen aus den 1920er Jahren, wenn man bedenkt was für prächtige Städte es zu dieser Zeit schon gab und welchen Wohlstand…
Die vielen Bänke auf dem Friedhof werden benötigt, um mit den Verblichenen oppulente Mahlzeiten einzunehmen, eine etwas andere Sitte im Umgang mit den Vorfahren.
Vorbei an der Ordensburg von Vastellina verabschieden wir uns von Estland.
Es hat uns sehr gut gefallen und wir haben auf unserer großen Runde durch das Land großartige unberührte Natur gesehen, nette Menschen kennengelernt und viel über die Geschichte erfahren.
Wetter 15-22° –